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Überschätzte Wunderkinder

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Ein neunjähriger Ire geht nach Barcelona. Die Jagd auf Talente beginnt immer früher, doch viele vermeintliche Wunderkicker sieht man nie wieder. 

Erst einmal sind es schöne Geschichten, wenn sich ein neunjähriger mit sieben Toren in die Jugendakademie des FC Barcelona ballert oder gar ein fünfjähriger Sohn von Manchester City Fans vom Lokalrivalen ManU „verpflichtet“ wird.

Die Schlagzeilen von „gekauften“ Kindern sind dabei irreführend – schließlich handelt es sich in der Regel um Engagements im Nachwuchs und Geld fließt dabei meist auch (noch) nicht. Zudem ist dies auch kein grundsätzlich neues Phänomen – auch Messi und Iniesta zogen mit 12 Jahren schon ins Barcas Fußballinternat.

Doch das Alter sinkt. Der jüngste Zugang an Barcelonas berühmter Jugendakademie ist der neunjährige Ire Zak Gilsenan, den „Rekord“ hielt zuvor der zehnjährige Japaner Takefusa Kubo.

Und problematisch ist das, was sich dann in den Jugendteams abspielt. Der Kampf um die Talente beginnt immer früher und findet an verschiedenen Fronten statt. Es ist inzwischen auch in der Bundesliga normal, dass sich die Clubs 13- oder 14-jährige abwerben und Unternehmen wie Adidas bereits bei 13-jährigen versuchen, Talente mit Ausrüsterverträgen an sich zu binden.

„Gefördert wird diese Entwicklung unter anderem durch die neue U15-Regionalliga“, sagt Peter Wenninger, Jugendtrainer beim FC Bayern. Während der Club bislang erst für die U16 auswärtige Spieler holte, kamen nun auch 14-jährige zu den Bayern.

Als Konsequenz erteilte der VfB Stuttgart nun Spielerberatern bis hin zur zweiten Mannschaft bei den Jugendteams Hausverbot, da die Agenten selbst in den Kabinen den Nachwuchs anwarben. Auch Hertha BSC hat Hoffenheims Scouts ausgesperrt, nachdem ein 14- und ein 15-Jähriger abgeworben waren.

Das Problem an dieser Entwicklung ist jedoch, dass der Druck auf die Nachwuchskicker enorm steigt, während sie immer früher aus ihrem Umfeld gerissen werden. Wenn dann Neunjährige von Medien und stolzen Eltern gleich noch zum „Irischen Messi“ oder „nächsten Wayne Rooney“ hochgejubelt werden, macht es das umso schlimmer.

Wo solche Karrieren enden kann man beim einstigen US-Wunderstürmer Freddy Adu sehen, der im Vorjahr dem abstiegsgefährdeten Zweitligisten FC Ingolstadt zu schlecht war. Adu ist 22.

Und so gibt es unzählige Beispiele von ewigen Talenten und Nachwuchshoffnungen, die mit Anfang Zwanzig doch nie den großen Durchbruch schaffen. Wer erinnert sich beispielsweise an Markus Neumayr? Der wechselte 2003 als U17-Nationalspieler zu Manchester United und wurde dort sogar Kapitän des Reserveteams. 2007/08 hatte er einige Kurzeinsätze in der Bundesliga für den MSV Duisburg, wechselte zum SV Zulte Waregem und ist nun beim AC Bellinzona in der zweiten Schweizer Liga.

Stattdessen werden einst aus dem eigenen Nachwuchs verstoßene Kicker wie Marco Reus für zweistellige Millionenbeträge zurückgeholt. Oder Leverkusen kauft für fünf Millionen den 23-jährigen Abwehrspieler Phillip Wollscheid von Nürnberg – einen Mann, den vor drei Jahren kein Scout auf dem Zettel hatte.

Man darf also getrost daran zweifeln, dass man den Wunderkindern in einigen Jahren auf großer Bühne wieder begegnet. Freuen werden sich dann nur die irischen Wettbüros, bei denen man jetzt schon darauf setzen kann, ob Gilsenan an seinem 21. Geburtstag Kapitän der irischen Nationalmannschaft sein wird. Wetten?


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